Herausforderungen der Biomedizin - sozio-kulturelle Kontexte, Regulierungsformen und Bioethik (COB)

Laufzeit: 04/2004 - 09/2007

Förderer: Europäische Kommission; 6. Forschungsrahmenprogramm "Science & Society"

ProjektmitarbeiterInnen: Ulrike Felt; Maximilian Fochler; Ruth Müller; Peter Winkler

Abstract

Neuere Entwicklungen im Bereich der Biomedizin stellen nicht nur eine Herausforderung für die Gesundheitssysteme moderner Gesellschaften dar, sondern sie haben auch grundlegende Auswirkungen auf zentrale Konzepte individuellen und kollektiven Lebens. Die dadurch ausgelösten Veränderungen sozialer und individueller Identitäten treffen dabei auf jeweils unterschiedlich historisch geformte, nationale Rahmenbedingungen und Traditionen. Durch diese Dynamik ergeben sich kulturell verschiedene Umgangsweisen mit der Biomedizin und differente Perspektiven auf ihre Chancen und Gefahren.

Dieses interdisziplinäre Projekt hat zum Ziel, das Verhältnis von sozio-kulturellen Bedingungen und ethisch-rechtlichen Argumentationen der medizinischen Forschung und Praxis näher zu erforschen. Es stellt die Frage, inwiefern Vorstellungen von Identität auf kultureller, bioethischer und politischer Ebene durch die Biomedizin beeinflusst werden und umgekehrt, wie diese die medizinische Praxis selbst formen und regulieren.

Die Untersuchung des sozio-kulturellen Hintergrunds moderner Biomedizin erfolgt auf der Basis eines europäischen Ländervergleichs. Dabei werden exemplarisch die Länder Deutschland, Frankreich, Niederlande, Schweden, Österreich und Zypern untersucht. Punktuell werden ergänzend Daten aus Lettland und Großbritannien hinzugezogen. Den Schwerpunkt des Projekts bildet die Frage, wie Laien und PatientInnen die moderne Medizin wahrnehmen und mit ihr leben. Damit wird gerade die bislang vorherrschende expertenzentrierte Sicht auf die Biomedizin um ihre ethischen Herausforderungen ergänzt. Die Interaktionen und Abhängigkeiten zwischen Medizin und Kultur werden am Beispiel der Organtransplantation und der postnatalen Gendiagnostik vergleichend analysiert.

Inhaltliche Zielsetzungen:

  • Vergleichende Forschung zu unterschiedlichen, sozio-kulturell geprägten Umgangsweisen mit moderner Biomedizin in exemplarisch ausgewählten Europäischen Ländern. Gefragt wird etwa, welche Formen von Medikalisierung, Genetisierung und der Veränderung des Körperverständnisses bzw. der individuellen Identität zu verzeichnen sind.
  • Reflexion der Partizipationsmöglichkeiten von Laien und PatientInnen am Gestaltungsprozess moderner Biomedizin (etwa in Bezug auf das Verhältnis von Wissenschaftsverständnis, Partizipation und Regulierung bzw. Gestaltung der medizinischen Praxis).
  • Erforschung der Bedeutung von kulturellen Identitäts- und Integritätsvorstellungen für den bioethischen Diskurs, sowie politisch-ethische Reflexion über Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und der kollektiven Selbstbestimmung im biomedizinischen Kontext.
  • Entwicklung von Reflexionskonzepten und Bewertungsansätzen zum Umgang mit der Pluralität verschiedener Moralvorstellungen und deren Konsequenzen für die gesamt-europäische Bioethik-Diskussion.
  • Empfehlungen für die Ausarbeitung europaweiter verbindlicher ethischer Regelungen und Steuerungsmöglichkeiten der Forschung im Bereich der Medizin und der Lebenswissenschaften.

ProjektpartnerInnen

Deutschland
Humboldt Universität Berlin, Institut für Europäische Ethnologie, Prof. Dr. Stefan Beck
Universität Göttingen, Institut für Ethik and Geschichte der Medizin, Prof. Dr. Silke Schicktanz

Zypern
Clinical Genetics Dept. at the Archbishop Makarios III Medical Centre (MMC) Nicosia, Cyprus / National Ethics Committee of Cyprus, Dr. Violetta Anastasiadou

Frankreich
Groupe de recherche Information, Communication et propagandes, University of Nancy, Dr. Anne Masseran

Großbritannien

Institute of Health Sciences and Public Health Research, University of Leeds, Prof. Dr. Darren Shickle

Lettland
Dept. of Sociology, University of Latvia, Dr. Aivita Putnina

Niederlande
University of Utrecht, Department of Philosophy, Prof. Dr. Marcus Düwell

Schweden
University of Lund, Dept. for Theology and Religious Study, Dr. Helena Röcklinsberg
University of Lund, Dept. of European Ethnology, Prof. Dr. Susanne Lundin