Duration: 1.12.2018 – 30.11.2023

Societal Engagement: Responsible Research and Innovation in Biobanking (BBMRI.at)

Team: Ulrike Felt (PI), Lisa-Maria Ferent, Ingrid Metzler, Berit Wolff, Susanne Öchsner

Funding: BMBWF

Projektbeschreibung

In der modernen Biomedizin haben sich Biobanken zu zentralen Infrastrukturen entwickelt, die eine Vielzahl von menschlichen Materialien und Daten sammeln, aufbewahren und bereitstellen, oft in Kombination mit klinischen Informationen. Solche Infrastrukturen sind für die Forschung von entscheidender Bedeutung, da sie den Austausch von biologischen Materialien und Daten über Entfernungen und an verschiedenen Standorten (in unterschiedlichen nationalen Kontexten sowie in verschiedenen Forschungsbereichen und -Einrichtungen, von der Grundlagenforschung über die medizinische Anwendung bis hin zu bioindustriellen Nutzung) ermöglichen. Um Biobanken gesellschaftlich und wissenschaftlich nachhaltig zu gestalten – sprich um sicherzustellen, dass die Gesellschaft und verschiedene Interessengruppen Biobanken langfristig unterstützen – ist es wichtig zu verstehen, was die verschiedenen Akteure von dieser Infrastruktur erwarten, warum sie es für lohnenswert halten, zu ihr beizutragen, sie zu nutzen und zu unterstützen, und welche Auswirkungen ein Fokus auf Daten auf das (Selbst-)Verständnis von Wissenschaftler*innen, Bürger*innen und Patient*innen hat.

Dieses Projekt zielt darauf ab, ein besseres Verständnis dafür zu erlangen, wie diese infrastrukturelle Ressource von verschiedenen Akteuren bewertet (und genutzt) wird, um so in der Lage zu sein, bestimmte Anpassungen vorzunehmen; zu untersuchen, wie sich die neue Datenschutzverordnung auf die Tätigkeit des Biobankings, die (gemeinsame) Nutzung von Material und Daten sowie den Prozess der Materialspende auswirken könnte; und Überlegungen dazu, wie sich mit der zunehmenden Bedeutung von (Big) Data-Ansätzen in der Forschung das Verhältnis von Daten und Bürgerschaft verschiebt und neue Herausforderungen (auch im Zusammenhang mit der DSGVO) für nachhaltiges Biobanking entstehen könnten.

Das Projekt wird entlang zweier Hauptperspektiven organisiert. Erstens werden wir untersuchen, wie verschiedene Akteure, die mit Biobanken zu tun haben, diese Infrastruktur und die Möglichkeiten, die sie bietet, bewerten. Wir sind daher daran interessiert, die verschiedenen Modelle zu verstehen, die Akteure entwickeln und verwenden, um biologischen Proben, deren Sammlung und Weitergabe einen Wert beizumessen. In einem weiteren Sinne untersucht diese Forschung die verschiedenen Arten, den Begriff der Bioökonomie zu verstehen, das heißt ein System, das um biologische Proben herum aufgebaut ist und darauf abzielt, einen Mehrwert zu erzeugen und dadurch Innovationen zu ermöglichen. Wir befassen uns mit der Frage, wie Werte in verschiedenen Bereichen, in denen Biobanken eine Rolle spielen, produziert, verbreitet, bewertet und institutionalisiert werden. Die Untersuchung der Werte, die die Akteure durch eine Biobank verwirklicht sehen oder nicht, ist von entscheidender Bedeutung, um besser zu verstehen, warum verschiedene Menschen Biobanken unterstützen, indem sie Geld investieren und Biomaterialien spenden oder sie nutzen, während andere ihnen eher kritisch gegenüberstehen. Die Betrachtung dieser Wertschöpfungsprozesse bildet somit die Grundlage für ein nachhaltiges Biobankkonzept.

Zweitens werden wir uns mit der komplexen Beziehung zwischen biologischen Daten und dem Status eines Bürgers/einer Bürgerin, mit Rechten und Pflichten befassen, das heißt, wir werden den Begriff der (Bio)Daten-Bürgerschaft entwickeln und untersuchen. Die Verwendung des Begriffs der Staatsbürgerschaft lädt auch dazu ein, über Ideale der Solidarität und Gerechtigkeit nachzudenken und darüber, wie Daten möglicherweise eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung der Bürger über ihren Körper und ihre Gesundheit spielen. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass "Big Data" zu einem wichtigen Thema in der öffentlichen Debatte geworden ist. Ziel ist es, die individuellen und kollektiven Vorstellungen über die Beziehung von Spender*innen und Forscher*innen zu "ihren" Daten zu verstehen. Dies ist im aktuellen Kontext der sich ändernden DSGVO, die im Frühjahr 2018 eingeführt wurde, von wesentlicher Bedeutung. Insbesondere für Einwilligungsprozesse, den Zugang von Spender*innen zu Informationen über die Verwendung ihrer Daten und die Möglichkeit, die eigenen Daten zurückzufordern, wird dies neue Herausforderungen für alle beteiligten Akteure schaffen.

Das Institut für Wissenschafts- und Technikforschung ist dabei Partner im interdisziplinären Konsortium von "BBMRI.at", dem österreichischen nationalen Knotenpunkt von BBMRI-ERIC (BBMRI European Research Infrastructures Consortium) - einem entstehenden europäischen Netzwerk für Biobanken (oder organisierte Sammlungen biologischer Proben und zugehöriger Daten) - und wird in engem Austausch mit allen anderen Partnern aus dem Bereich der Biobanken arbeiten, um die Entwicklung dieser Infrastruktur zu unterstützen.

Methodik: Wir werden uns mit einer großen Anzahl von Materialien und Informationen aus der Praxis befassen. Dies bedeutet, dass wir im Rahmen unserer Forschung unter anderem eine Dokumentenanalyse durchführen, verschiedene Akteure im Zusammenhang mit Biobanken befragen und qualitative Interviews mit Bürger*innen/Spender*innen machen werden. Darüber hinaus leiten wir die Ergebnisse dieser Forschung an unsere Partner im Konsortium weiter, um so zur Nachhaltigkeit dieser entstehenden Forschungsinfrastruktur beizutragen.

 

Kontakt

Ulrike Felt (PI), Lisa-Maria Ferent oder Berit Wolff

Homepage: http://bbmri.at/home

 

Project Reports